Positionspapier: Milderung des Lehrkräftemangels

Fulda, 29.09.2022

Wer unterrichtet unsere Kinder morgen?

Die Situation

In allen Bundesländern ist schon jetzt ein zunehmender, teils dramatischer Lehrermangel zu beobachten, der sich in den nächsten Jahren noch deutlich verstärken wird.

Viele Bundesländer kehren wieder nach G9 zurück. Dies führt in den nächsten Jahren zu einem massiven Anstieg des Personalbedarfs auch an den Gymnasien. So wird in den Schuljahren 2025/26 in Bayern, 2026/27 in NRW als den beiden bevölkerungsreichsten Bundesländern hierdurch ein massiver zusätzlicher Lehrkräftebedarf auch ein Pull-Effekt auf die Nachbarbundesländer ausgelöst.

Gleichzeitig sind auch an den Gymnasien die Lehrkräfte überlastet, dies wird an den hohen Teilzeitquoten mehr als deutlich. Die Anforderungen steigen seit Jahrzehnten, ohne dass das System Schule angemessen ausgestattet wird.

Einerseits wurden seit Jahren bundesweit zu wenige Lehrkräfte ausgebildet, andererseits sind die Schüler:innen-Zahlen entgegen der Prognosen u.a. durch Zuwanderung deutlich angestiegen.

Nach unserer Überzeugung ist die zu geringe Zahl von angehenden Lehrkräften sowohl auf mangelnde Ausbildungskapazitäten an vielen Universitäten als auch auf eine verringerte Attraktivität des Berufs zurückzuführen.

Bei allen derzeit diskutierten Maßnahmen müssen eine Reihe von Grundsätzen beachtet werden, die durch die Pandemie nochmals brennglasartig verdeutlicht wurden:

  • Der gymnasiale Anspruch muss erhalten bleiben: Die hohe Fachlichkeit und der wissenschaftsprodädeutische Charakter sind konstitutiv für unsere Schulform und überlebenswichtig für den Standort Deutschland.
  • Stundentafeln dürfen nicht zur Einsparung von Ressourcen gekürzt werden: Die unterschiedlichen Fächer leisten unverzichtbare Beiträge zur Erreichung des Bildungsauftrags.
  • Präsenzunterricht ist nicht durch andere Formate gleichwertig ersetzbar: Unterricht ist eine gemeinsame Veranstaltung von Lehrenden und Lernenden in einem Raum und kann nicht regelmäßig als Online-Angebot, Selbststudium, Portfolio-Arbeit etc. erteilt werden.
  • Schule muss als Ganzes gesehen werden: Schule ist viel mehr als nur Unterricht.

Die BDK ist der Auffassung, dass nur ein Maßnahmenpaket eine kurz- und langfristige Lösungsperspektive bieten kann. Dabei benötigen aktive und zukünftige Lehrkräfte eine echte und ehrlich kommunizierte Perspektive, damit sie die Maßnahmen zur Überwindung der systemischen und nicht von den Lehrkräften verschuldeten Krise unterstützend mittragen können.

Langfristige Strategie

Langfristig muss der Beruf attraktiver gemacht werden und es müssen verstärkt Ausbildungskapazitäten geschaffen werden.

Wir fordern:

  • Schaffung von mehr Ausbildungskapazitäten an den Universitäten,
  • In einigen Bundesländern die Wiederermöglichung des schulformbezogenen Lehramts,
  • Ermöglichung von Ein-Fach-Lehrkräften in Mangelfächern,
  • Professionelle Begleitung von Quer- und Seiteneinsteiger:innen,
  • Konkrete Werbung an den Gymnasien, da von dort die meisten Lehramtsstudierenden kommen.

Kurzfristige Maßnahmen

Es muss gelingen, dass insbesondere Lehrkräfte, die derzeit in Teilzeit sind, freiwillig mehr Stunden erteilen und weitere Lehrkräfte gewonnen werden können. Hierzu ist ein Maßnahmenpaket der Entlastung und Attraktivitätssteigerung erforderlich.

  • Verringerung der Belastung für Lehrkräfte und Schulleitungen, z.B. durch Verlagerung von unterrichtsfernen Tätigkeiten auf nicht unterrichtendes Personal (IT-Assistenz, Schulsozialarbeit/-pädagogik/-psychologie, Verwaltungsassistenz)
  • Verringerung bzw. adäquate Anerkennung der Korrekturbelastung
  • Adäquate Entlohnung von freiwilliger Mehrarbeit, dies darf nicht zu einer zwangsweisen Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung führen
  • Hinzuverdienstgrenze von Pensionären anheben
  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch ausgeweitete KiTa-Öffnungszeiten etc. ermöglichen


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